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"Spirale der Gewalt: Jassir Arafat", Öl auf Leinwand, 60 x 90 cm, 2002.

Dieses Bild steht der Arbeit „Spirale der Gewalt – Ariel Scharon“ gegenüber; beide Werke stammen aus dem Jahr 2002 und haben die Situation im Nahen Osten zum Thema. Der Palästinenserpräsident wird von Horvath in militärischer Pose dargestellt, salutierend, die Augen hinter einer Sonnenbrille verborgen. Sein Gesicht formt sich ähnlich wie bei einem Puzzle aus vielen kleinen Einzelteilen. Manche davon erinnern an Pflanzen und Blumen, andererseits finden sich aber auch rote zähflüssig anmutende Schlieren, welche eine Assoziation an Blut auslösen. Werner Horvath wollte so die Bivalenz der dargestellten Persönlichkeit ausdrücken. Denn Arafat war ein Träumer und ein Kämpfer, Friedensnobelpreisträger und in den Augen mancher auch ein Terrorist. 

Als Jassir Arafat am 11.11.2004 starb, schrieb der deutsche Kanzler Gerhard Schröder dem palästinensischen Ministerpräsidenten Ahmed Kureia: "Jassir Arafats Streben war zeit seines Lebens darauf gerichtet, die Palästinenser in die Unabhängigkeit zu führen und einen souveränen, lebensfähigen palästinensischen Staat zu errichten". Tony Blair erklärte: "Er führte sein Volk zu historischer Anerkennung". Frankreichs Präsident Jacques Chirac nannte Arafat eine Persönlichkeit mit Mut und festen Überzeugungen. Arafat habe den palästinensischen Kampf für einen eigenen Staat verkörpert, erklärte Chirac in Paris. Dagegen erkannte US-Präsident George W. Bush in gewohnter Fehleinschätzung mit dem Tod Arafats neue Chancen für den Friedensprozess. Bush sprach von einem "bedeutsamen Augenblick" für das palästinensische Volk in dessen Streben nach Eigenstaatlichkeit in Frieden mit dem Nachbarland Israel. "Wir hoffen, dass die Zukunft Frieden bringt und die Erfüllung der Hoffnungen auf ein unabhängiges und demokratisches Palästina, das im Frieden mit dem Nachbarn lebt", sagte Bush. Auch Israels Ministerpräsident Ariel Scharon sah im Tod seines Intimfeindes Arafat "möglicherweise einen Wendepunkt" für Nahost. (Zitate aus zeit.de) 

Dazu sollte es bis heute leider nicht kommen. Die Spirale der Gewalt dreht sich im Gegenteil ungebremst weiter, und die Opferzahlen erhöhen sich von Woche zu Woche. Als Symbol dafür steht im Bild Horvaths das über den Davidstern fließende Blut. Der stilisierte Vogel im rechten unteren Bildteil, ein Reiher, ist von einem Jahrtausende alten Symbol des Kulturvolkes der Palästinenser abgeleitet, wie es bei archäologischen Ausgrabungen auf Keramikscherben gefunden wurde. Dieses Symbol hat etwa auch das „Journal for Palestine Studies“ als sein Logo gewählt. 

Arafat kam am 4. August 1929 in Kairo als fünftes Kind eines palästinensischen Kaufmanns zur Welt. Er wurde in Kairo und Jerusalem groß. Schon als Halbwüchsiger beteiligte er sich in Palästina an Aktionen gegen die britische Mandatsmacht und militante zionistische Gruppen. In den 50er Jahren gründete er die palästinensische Kampforganisation Fatah, die 1964 in die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) eingegliedert wurde. Fünf Jahre später wählten ihn die PLO-Delegierten zum Vorsitzenden. Er galt aber bald als Vertreter eines politisch gemäßigten Kurses. Terroraktionen der PLO konnte er jedoch nicht verhindern; den Stallgeruch des Terrorismus ist er so nie ganz losgeworden. Dessen ungeachtet gewann Arafat als schillerndster Repräsentant der palästinensischen Befreiungsbewegung internationale Anerkennung. Sein Aufstieg gipfelte in einem spektakulären Auftritt vor der UNO-Vollversammlung im Jahr 1974. Mit Halfter für seine Beretta gerüstet, forderte er die Schaffung eines arabisch-jüdischen Bruderstaates. Eine Wende im Nahost-Konflikt leitete er 1988 ein, indem er das Existenzrecht Israels anerkannte und dem Terrorismus abschwor. Die USA akzeptierten die PLO fortan als Verhandlungspartner. 1993 erzielte Arafat seinen größten politischen Erfolg: Für die Unterzeichnung des Autonomievertrages mit dem israelischen Ministerpräsidenten Jizchak Rabin in Oslo wurden beide mit dem Friedensnobelpreis belohnt. Wenig später konnte Arafat triumphierend nach Palästina zurückkehren - nach einem Vierteljahrhundert im Exil. 1996 wählten ihn die Palästinenser zu ihrem ersten Präsidenten. Nachdem der Besuch des späteren Barak-Nachfolgers Ariel Scharon auf dem Tempelberg die zweite Intifada ausgelöst hatte, brach ein Jahr später Israel nach zahlreichen Selbstmordattentaten und israelischen Militäraktionen den Kontakt zu Arafat ab. Scharon bezeichnete ihn offiziell als "Feind Israels" und stellte ihn faktisch unter Hausarrest.

(Aus einer Biographie Arafats von Tobias Schmidt, AP) 

Dieses Bild wurde auch in "Reform Judaism", Vol 31/1, Fall 2002, in einem Artikel von Alan M. Dershowitz mit dem Titel "Put Arafat on Trial" veröffentlicht.