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Stalin als Organisator der
Oktoberrevolution – diese Szene hat es in der
Realität niemals gegeben, denn zur Zeit des großen
Umbruchs war Stalin ein unbedeutender Niemand. Diese Rolle hat er sich
erst später selbst zugedacht, als Teil seiner umfassenden
Selbstinszenierung, und der ukrainische Künstler Karpo
Trokhimenko (1885 – 1980) hat sie ins Bild gesetzt. Das
Gemälde
ist jetzt Teil der Sammlung Werner
Horvaths. In der Provinz Kiew geboren studierte Trokhimenko dort und in
Moskau Kunst, beteiligte sich an zahlreichen Ausstellungen der
kommunistischen UdSSR und unterrichtete schließlich selbst in
Kiewer Kunstschulen und Akademien. Stalin steht im Schein einer
einsamen Glühbirne als Lichtgestalt vor der Landkarte der
Sowjetunion, gibt seine Anweisungen und Erklärungen, und die
Genossen lauschen aufmerksam oder machen sich Notizen. Die rote Fahne
darf nicht fehlen, und ein zentral platziertes Telefon gibt allem noch
zusätzliche Wichtigkeit. Horvath hat in seinem 1999 entstandenen Bild „Im Dschungel des Kommunismus“ diese Komposition im Grunde beibehalten. Aus der Glühbirne und ihrem Schein ist aber ein Konvolut gelber Gebilde geworden, die in starkem Kontrast mit der dunklen Umgebung stehen. Diese wiederum wird von verschlungenen Formen gebildet, Dschungelpflanzen gleich, die im Schatten der Urwaldriesen niemals das Licht der Sonne gesehen haben. Dazwischen schlängeln sich tatsächlich auch Schlangen, 15 an der Zahl, genau so viele, wie der damals flächengrößte Staat der Erde an Unionsrepubliken umfasste. Schemenhaft sind noch die Gesichter der Zuhörer auszunehmen, Blüten gleich, die etwas Licht erhaschen wollen. Ob es ihnen wohl gelungen ist? – Viel wahrscheinlicher ist, dass sie selbst dem Tyrannen zum Opfer gefallen sind, wie so viele andere auch in seiner näheren Umgebung. |